Montag, 8. Juni 2009

Mit dem Moped nach Montague Island


Karte vergrößern(781 km, Sydney Narroma, Narooma Sydney)


Ich verlasse das Office um Punkt 12.01 Uhr. "After Noon". Geplant ist eine Reise in den Süden von NSW, da es hier eine Insel gibt die Pinguine und Robben verspricht. Mein Moped ist in der Werkstatt und wartet auf einen neuen Vorderreifen, eine Tankhahnreparatur und einen Vorderbremsbackenwechsel. Aber vor allen Dingen auf eine Blinkerfehlfunktionsbehebung. (Es war nicht die Birne und auch nicht die Verkabelung, also kümmert Euch Jungs.) Die Fahrt Richtung Süden in der S-Bahn geht zügig von statten und ich schlage pünktlich zur Abholung meines frisch gewarteten Babies auf. Bob Marley (einer der Mechaniker) kommt und meint "Ja tut uns leid, die Teile sind nicht gekommen..." . "Naja habt Ihr den Tank denn repariert und das Odometer mal gecheckt? Dafür braucht man ja keine Teile.". Schweigen im Walde. Gib bloß her die Kiste. Wenigstens wurden die Bremsbacken gewechselt, aber die hatte ich ja selbst mitgebracht. Die kümmern sich so gut um ihre Kunden wie wir uns um unsere, denke ich, steige auf und düse ab.

Ich stelle 4 Flaschen Heinicken auf die Küchentheke und reibe mir genüsslich die Hände, da diese meinen Abendproviant für den Trip sichern sollen. Das ich 7 Tage alkoholfrei überstehen muss weiß ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Zwischen Wäsche trocknen und Tasche packen muss ich noch den Zahnarzttermin quetschen, den ich allerdings auch nötig habe. Mein indischer Doktor setzt mir die Sonnenbrille auf damit ich vom "Mundausleuchtungsscheinwerfer" nicht geblendet werde. "Damn that's fancy." entfährt es mir und mein Arzt lacht herzlich über meine germanischen Steinzeit Vorstellungen in Sachen Customer Care auf dem Thron der Angst. Nach über 2 Jahren ohne dentale TÜV Prüfung schwahnt mir Einiges. Einen Mundschutz hat mein Indischer Gelehrter zwar noch nicht nötig, um Antibiothika komme ich jedoch nicht herum. Ich denke trübselig an meine 4 Flaschen besten Heinickens auf der Küchentheke daheim. "Do You think You gonna drink over the weekend ?" fragt er mich. "I hope so !" erwidere ich und ich sehe an seinem Grübeln, dass er mir die Gunst der goldenen Brühe doch erhalten möchte. Es werden Spezialpillen verschrieben, damit ich dem Geburtstag der Königin nicht trocken begegnen muss.... ich belasse es aber bei meinen 4 Heinicken. Sicher ist sicher.

Die Zeit drängt. Ein Nierengurt muss erstanden und um die Hüfte geschwungen werden, um dem alten Körper mehr Wärme bei den doch sehr kalten Winden zu verschaffen. Ich packe und hetze in Eile los, um vor Ladenschluss noch mein Geld gegen Komfort einzutauschen. Der Shop liegt auf dem Weg und ich belasse es beim Vorbeifahren und "Fuck" Fluchen, da ein Umdrehen im Sydneanischen Rush Hour Game auf dem Princess Highway keine Minuten Angelegenheit ist. So kämpfen mein Baby und ich uns weiter durch die Metallmassen in Richtung Süden. Der Dschungel ruft, nur kann man ihn nicht hören geschweige denn sehen. Endlich erscheint die Abfahrt zum Royal National Park und wir drehen ab auf den Tourist Drive und werden nach kurzer Zeit von der Stille im dunklen Wald verschluckt. Mal abgesehen von dem Gegacker das mein Moped fabriziert. Eine Pause im Mondlicht macht endlich frei vom Alltagsstress in Sydney und der Trip beginnt.

Die Cliffbridge, welche Tagsüber einen traumhaften visuellen Eindruck hinterlässt gibt in der Nacht eine wärmere Meeresbrise wider und ich schnuppere den Pazifik durch den Plastikschirm. Das Office am Cliftoner Campingplatz ist geschlossen. Nach abwenden von der Rezeptionstür muss ich feststellen, dass Susis (Dinge bekommen Namen wenn man alleine unterwegs ist. Die Rede ist von meinem Motorrad) Periode eingesetzt hat und sie in sprühendem Eifer Benzin auf die Straße niederprasseln lässt. Scheiße. Benzinhahn zu und 30 Meter über den Bach ans Meer geknattert schmeiße ich sie beim Abstieg auf die linke Seite. Danach läuft kein Benzin mehr aus. Schicksal denke ich und baue mein Zelt auf, trinke 2 Heinicken, borge mir den Toilettenschlüssel bei einem "mate" und genieße eine heiße Dusche. Nachts wird es so kalt, dass ich mich nach dem dritten Zähne zusammen schlagen schon nicht mehr ans Erste aufprallen der geschunden Beißerchen erinnern kann. So heftig zittere ich. Verdammter Karibik-verwöhnter Sommerschlafsackschläfer!

Am Morgen überprüfe ich nochmal alle Benzinschlauchzufahrten und montiere das Y Stück fester als zuvor um sicher zu gehen, dass kein weiterer Benzinverlust stattfindet. Der ältere Herr am Office ist sehr dankbar, dass ich ihm die 15 Dollar zahle, obwohl ich auch mit Leichtigkeit davon hätte düsen können. Aber da würde mir mein Gewissen einen Strich durch die Rechnung machen und so genieße ich die Würdigung meiner Ehrlichkeit ein ganz klein wenig ;-)

Der Plan ist, zielgerichtet nach Narooma durchzufahren und sich nicht ablenken zu lassen. "Kangaroo Valley". Naja gut lass uns mal schauen was es dort gibt. Die Strecke ist verführerisch steil und bäumt sich mit 180 Grad Kurven und 25 km/h Empfehlungen gegen die Wegbestreiter auf. Auch das Schild "Fritzroy Falls" ist eine dieser Fallen alla "Gehe nicht in die oberste, abgeschlossene Kammer!" - Horrorfilmgrundlagen, aber der kleine Umweg lohnt sich und belohnt mich mit weiten Aussichten auf NSW und riesigen Wasserfällen. Eine heiße Schokolade und einen Schokokuchen später finde ich mich nach weiteren 2h in Ulla Dulla wieder. Welch Freude, dass Sydney Sydney heißt und nicht Silly Billy oder anderweitig komisch. Einige Ortsnamen können ein Schmunzeln einfach nicht vermeiden. Aber ich bekomme meinen Nierengurt. "Do you know how to use it ?" Ich denke: "Of course, I tell my girlfriend to get naked and then I slap her while I snap at her from the bathroom to the kitchen." Denke ich, sage ich nicht. Sondern erwidere nur "Yes". Was zum Geier kann man denn bitte bei einem Nierengurt falsch machen ? So ein Eimer. Motorradfahrer, Retner auf Rollern oder schnelle Radfahrer sind an dieser Stelle aufgerufen mich über die korrekte Benutzung eines Nierengurtes aufzuklären.

Die Damen an der Tourist Info sind geduldig mit mir. Montague Island bitte. Tauchen, UNBEDINGT !!! Junge, das tut uns leid, das geht alles aber Du musst Dein eigenes Tauchzeug mitbringen. Wie stellt Ihr Euch das denn vor? Ich mit 2 Tanks in den Seitengepäckträgern, Neopren Anzug an, Flossenschaltung und mit Schnorchel aus dem Helm ragend am Hafen ? Verdammt so weit gefahren und so kurz vorm scheitern. Ich rufe Kai an und maule ein wenig, warum ich denn kein Auto sondern nur dieses Benzinspuckende, nicht blinkede, nicht odometernde Moped besitze. Doch Rettung naht. Ich buche erstmal nur schnorcheln und gehe mit gesengtem Haupt zum hiesigen Fischer Equipment Shop, der auch Tauchutensilien verleiht. Ich trage Ihm die Geschichte vom Tauchenden Pilger auf der Suche nach der Meerjungfrau vor und er unterbricht mich auf halben Wege. Pass auf "mate", du kommst hier morgen früh um 8 rein, parkst dein Moped in meinem Shop und ich fahre dich mit 2 Tanks und allem Pipapo runter zum Hafen. Meine Freude ist gigantisch, ich würde ihn küssen wenn er eine Frau wäre ... darum lasse ich das. Noch schnell die Mädels in der Touriinfo verrückt machen, um Schnorcheln auf Tauchen umzubuchen und schon auf der Suche nach einem Platz zum Nächtigen. 12.50 AUD kostet der Platz am Pazifik und 2 weitere Heinicken warten auf Ihre Hinrichtung.

Bevor der Henker jedoch zur Entkorkung schreitet muss noch Toast und Pastete besorgt werden. Es gibt einen fenomenalen Service an allen Kassen und Schaltern an denen man mit Karte zahlen kann. "Cash out". Das heißt, es wird bezahlt und nach durchziehen der Karte kann man noch einen Obolus drauflegen und sagen, dass einem 20 Dollar Bahres in der Tasche sehr recht wären und so bekommt man Ware und Geld an der Kasse. Ich muss 25 Dollar zahlen verlange 30 Dollar Bahres und die reizende junge Dame drückt mir nachdem ich 50 Dollar auf dem Display (für die Gesamtzahlung) bestätige 50 Dollar in die Hand und wünscht mir good bye.... ne warte mal hier ist was schief gelaufen. Ich sagte 30 $. Oh ja ... Ich bekomme also 30 $. Die kleine ist süß aber blond und ich bringe es nicht übers Herz Ihr die 5.04 $ von Ihrem Lohn einzuheimsen. Ihre Chefin muss das klären (auch sehr süß) und bedankt sich bei mir und ich frage nicht nach Ihrer Nummer, denn ich bin ja zum Tauchen hier.... damn it.

Wenn ich mein Schaafsfell ins Fußende lege, die Strickjacke anlasse und über den Schlafsack die Lederjacke positioniere und mich möglichst nicht bewege ist die Nacht erträglich. Ich bin im Vergleich zu Alex Supertramp, dessen trauriges Schicksal ich an diesem Abend in dem Buch "Into the Wild" zu Ende lese ein kleines verweichlichtes Mädchen. Aber der Morgen kommt und wartet mit dem Tag der Tage.

Ich zücke meine Tauchkarte und der Bootführer schaut mich grinsend an."But please don't tell me you don't breath and can stay down for a year." "I am just good at stealing tanks." Immer etwas komisch den Schein zu ziehen, der einen als Tauchmeister auszeichnet. Ich halte die Klappe und bekomme wenigstens keine Verantwortung zugewiesen. Auch ein Buddy wird nicht mehr gesucht.... Ganz toll, so wünsch ich mir das. Ich war noch nie mit Robben tauchen. Auf was muss ich achten? Wie verhält man sich bei angebissenem Oberarm und Bullsharks in der Nähe? Fragen die man nie mehr beantwortet bekommt. Wir legen ab und die Inselbesucher die nicht tauchen, meinen Wale in einiger Entfernung gesehen zu haben. Tatsächlich tauchen 2 Buckelwale 40m neben dem Boot auf und wir sind alle sehr angenehm angespannt. Mehr als ein kurzer Augenblick in dem Sauerstoff getankt wird und auch nur ein kleiner Teil der Wale zu sehen ist wird uns jedoch nicht vergönnt...... Mit einem krachenden Oberflächenbruch bewegt sich einer der Boliden zur Hälfte aus dem Wasser und verdrängt beim Aufprall auf dem Meeresspiegel mehrere Tonnen Wasser. Mir steht der Mund offen. Kann der das bitte nochmal machen, ich hab gerade meine Kamera fallen lassen,gegessen,verschluckt. Und tatsächlich - sie hüpfen. Ich schieße Bilder und bin in diesem Moment ein kleiner Junge der seinen ersten Roller geschenkt bekommt. Es ist wirklich GROSSartig. Das sei seit 4 Jahren nicht mehr passiert erzählt uns der Tourguide und sie ist selbst schwer begeistert. Zum Abschied winkt Mobi One mit der Flosse und taucht ab. Eine Gänsehaut verbleibt. Auf der Insel angekommen erwarten uns Flossenklatschend dutzende von Seehunden. Sie schwimmen, sie springen und sie winken und gleich geht's ab mit den Jungs in die Tiefe.

Der Ozean ist Sternenklar und riesige Rochen schwirren durch die Unterwasserwelt. Die Robben sind neugierig verspielt, überprüfen meine Flossen, kommen mit offenem Maul auf mich zugerast und biegen in der letzten Nanosekunde ab. Oder sie gucken Dich die ganze Zeit mit Ihren großen Kulleraugen an und weichen nicht von Deiner Seite, wenn man ganz still schwebt. Einzige Obacht soll geboten werden, wenn die Rabauken das "Dreh Dich mit uns im Kreise Spiel" spielen. Man taumelt so lange mit Ihnen herum bis man sich im offenen Meer wiederfindet. Es ist wirklich einer der Superlative die man schwer beschreiben kann. Man fühlt sich wohl und bekommt einen völlig neuen Einblick in die Bewegungsvielfalt dieser Tiere. An Land sind sie tolpatschig - unter Wasser sind sie Robben Rockets ! Für 160 Dollar bekomme ich eines der besten Erlebnisse meines Lebens "geschenkt" und der Wert des Dollars steigt heute für mich ins Unermessliche.

Am Festland gelandet, fahren Alex und Sophie meine Tauchutensilien zurück in den Verleih und ich sattele Susi, um noch so weit wie möglich Richtung Norden zu gelangen. Ich will nicht die ganze Strecke an einem Tag zurücklegen. Nach 50km biege ich rechts ab Richtung Küste und lande auf dem Snob-Campingplatz in Tuross Head. 28 Dollar kostet mich ein Fleckchen Erde und eine warme Dusche. WTF. Egal ich bin müde, ich bin geschlaucht, ich will eine Flasche Wein, um den Tag bei einem Blick auf den Sonnenuntergang über den weiten Strand in präziser Perfektion zu beenden. Nach der halben Flasche dreht sich bei mir die Ohrmuschel und ich bin kurz davor die Weltherrschafft an mich zu reißen, mit meinen genialen Plänen für die Uebernahme. Nach der ganzen Flasche frage ich mich, warum ich auf meinen Zigaretten Bilder von blutigen Wunden über mich ergehen lassen muss, auf der Flasche Wein aber nicht mal ein Hinweis wie... "Vorsicht der Konsum von Alkohol kann die Veröffentlichung Ihres Allerwertesten auf Facebook zur Folge haben." steht. Verkehrte Welt. Ich schieße noch eins 2 Mal auf den Mond mit meiner Samsung 0815 und falle um 8 in mein kaltes Schlafgemach. Heute zittere ich wenigstens nicht beim Einschlafen.

Um 7.30 fahre ich los und 2 Zigaretten und 5h später und 320km weiter schlage ich in Sydney auf. Nachdem das Pferd getränkt, das Zelt zum Trocknen aufgehängt und die Wäsche in der Maschine brummt ist es endlich Zeit für eine richtige Mahlzeit. Das Wochenende hat mir endlich mal wieder gezeigt, dass ich doch alles richtig gemacht habe. Mich kriegt hier so schnell keiner mehr weg. Auch nicht mein Chef ;-)


Der erste Morgen am Meer.

Fritzroy Falls

2 Bier und 2 Scheiben Toast.

Susi im Tauchshop


Buckelwal


Buckelwal


Buckelwal

Immer schön klatschen

Welle vorm Bug

Rochen. Die Unterwasserbilder wurden von Kai gemacht, Alle seine Bilder gibt es hier.




Surface Interval


letzter Abend am Meer

Mond in einer zu langen Belichtungszeit

Susi hat gefeiert...tss

Was warmes im Bauch... huevos rancheros