Samstag, 8. Januar 2011

KLR 650 auf dem Prüfstand

... oder "der brennende Stahlarsch" ..


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Weihnachten
Tag 1 - 320 km

Nach einem ziemlich depressivem Weihnachtstumult sattelle ich Susi und halte den Zählerstand bei 3010 km fest. Meine Seitengepäckträger kommen pünktlich zum 23ten eingetrudelt und finden nach mehr als 3 Monaten Wartefrist endlich ihren Platz am Bike. Da ich die Küste bereits mehrere Male auf und ab gefahren bin, will ich mich in Richtung Westen begeben, um das Outback zu sehen, von dem hier soviele Advertisments Ihren medialen Ursprung erhaschen. Nebelschwaden und Sichtweitenh unter 10 Metern machen mir das Leben schwer. Nass und frierend öffnet sich schließlich der Himmel, die Sonne lacht mir entgegen und trocknet meine Seele. Der Trip beginnt.

Benzinmuffel
Tag 2 - 705 km

Die letzte Tankstelle wird ignoriert. Da wird schon noch ein Benzinshop kommen. Dachte ich und lege Susi mit Ihrem vollbepackten Hinterteil auf die Seite um ein paar Milliliter von der rechten auf die linke Seite des Tanks fließen zu lassen. Das Ganze mache ich 3 mal bis mein Rücken nachgibt und ein kräftiger Hexenschuss meine Wirbelsäule befeuert und ich mir meines vorangeschrittenen Alters bewusst werde. Der Rücken ist hinüber, sie fällt auf die Seite und ich vereinige meine mentalen Jogi Kräfte, um Susi wieder aufzurichten. Ende ! Aus ! Stop ! Nichts geht mehr ! Rien ne va plus ! Ich muss hier irgendwie weg und an Benzin herankommen. Da glücklicherweise alle 10 bis 20 Minuten ein Auto vorbeikommt, finde ich mich auf der Rückbank von Mutter und Tochter wieder die mich in die nächste Stadt bringen. Der Tankwart füllt mir einen Kanister auf und eine ältere Dame hört von meiner Misere und fährt mich wieder hinaus ins Nichts, wo Susi freudestrahlend auf mich wartet und nach der Tränkung wieder auf die Straße will.

Ich lerne das Outback zu respektieren. Lektion Nummer eins war für diesen Tag gelernt und ein 10 Liter Benzinkanister ist mein neuer Reisebegleiter. Leider, gibt es noch mehr zu lernen. Ich nehme die Abkürzung durch einen Nationalpark Richtung Broken Hill. Männerträume ist das Material aus dem die Landschaft geschmiedet ist die mich umgibt. Einsamkeit ist die Wonne der Asphaltgenialität. Ich bin im Nirgendwo. Kein Mensch weit und breit. Die Straße wird zum Sandsteinweg und der Staub wirft Wolken im Rückspiegel. Stille Begeisterung schreit in mir auf. Ein langzogenes Sandbett wird mit trotzigen 80 km/h genommen. Sascha sagte immer. "Je schneller durch Sand destso besser. Die Radialkraft ist dann auf Deiner Seite und lacht dem eierndem Untergrund ins Gesicht." - Soviel zur Theorie. - Das nächste Sandbett tut sich auf und ich gehe es etwas respektvoller an. Susi schwingt in heftigen Zügen von links nach rechts und ich fühle mich wie ein Cowboy auf einem Bullen, dessen Abfall bereits vorhergesagt ist. Nur das WANN ist noch unklar. Aber das lässt nicht lange auf sich warten und so tauche ich ab in den Sand und schmeiße die Kleine auf die Rechte Seite. Es wird dunkel. Es ist einsam. Ich hoffe, ich kann sie wieder aufrichten und weiterfahren. Die "Was wäre wenn?" Frage will ich vermeiden, um eine innere Panik zu unterdrücken, aber die ist bereits im Aufbau und ich fluche während ich das Bike wieder aufrichte und mein Rücken mich mit Schimpfwörtern beglückt. Sie springt nicht an.... dann kommt sie mit lautem knattern zu sich und ich entscheide mich gegen die Abkürzung und verspreche mir selbst, immer in der Nähe von einem Pub zu übernachten. Ich zittere auf dem Weg in die nächste Stadt, kaufe ein Six Pack Coronas und begebe mich gedehmütigt auf den hiesigen Camper Van Park.

Wüstenschiff ahoi
525 km - Tag 3

Ich reite durch Wentworth und frage die nette Dame in der Touristinfo nach den Tankstellengegebenheiten auf dem Weg nach Broken Hill. Genau eine Gasolina liegt auf dem Weg. Ansonsten empfiehlt sie die größte Wassergabelung der südlichen Hemisphere die ich mir vor dem Start im Vorbeifahren anschaue und als nicht Photowert vorbeiströmen lasse. Ein Schild weisst auf Kangaroos für die nächsten 256 km hin und ich lerne die Wüste/Savanne nun richtig kennen. Die ausgedorrte Landschaft erinnert mich an Bilder aus Kanada. Die Straße zieht sich in unendlicher Länge Richtung Horizont und wirft flackernde Wasserfahnen am Ende des Tunnelblicks. Ein Bikerparadies. Ich erreiche Catoombah, das neben 2 Tanksäulen auch einen Haufen Sand zu bieten hat. Die ältere Lady füllt mir den Tank auf und erwartet Bahres. Mit Karte zahlen ist hier nicht. Empfang auf dem Handy ebenso.

Ich erreiche Broken Hill in einem schwitzenden Lederwasserbett ertränkt und genieße einen Burger im lokalen Pub. Aufgrund meiner derzeitigen Erfahrungen kommt mir der Gedanke, Susi auf den Zug zu laden und gemütlich nach Sydney zurück zu reisen. Schließlich müssen die 1500 km Rückweg auch noch gemeistert werden. "Glücklicherweise" entpuppen sich die Fahrpläne als gegen mich und so beiße ich mich durch kurze Nervenanspanungen und schließe mich mit dem Gedanken ab mein Baby - wie auch immer- wieder zurück zu reiten.

Ich checke 30 km nord-westlich von Broken Hill in Silverton auf einem ziemlich gruseligen Zeltplatz ein und begebe mich nach Mungo Mungo, um mir das Ende der Welt anzuschauen. Es wurde mir angetragen, dass man von diesem Aussichtspunkt sähe, dass die Erde keine Scheibe ist und das Gerücht stellt sich als keines heraus. Der Blick weit über die Wüste Süd Australiens entschädigt für alle erlittenen Morsstrapazen. Mad Max 2 wurde hier 1983 gedreht. Ein Museum und dutzende Fotowände im einzigen hiesigen Pub feiern dies als lokale Touristen Attraktivität Nummer eins. Ich kaufe eine Flasche Wein und warte auf die einschlagende Kältefront in meinen 2 Stoffwänden und überstehe die Nacht ohne mir vor Angst in den Schlafsack zu urinieren. Die Tage sind übermäßig heiß und die Nächte unglaublich kalt.

AK 47 Simulationen in Kenia
Tag 4 - 707 km

Am vorigen Abend entscheide ich mich für den Großen Trip und setze mir die Great Ocean Road als Ziel des heutigen Maratons. OK Baby off you go. 45 Grad im Schatten, der Teer schmilzt auf der Straße, das Gummi klebt am Asphalt, Emus galopieren durch den roten Sand, gigantische Trucks wirbeln Staub ins Visir, warmer Schweiß läuft bei 130 km/h in Litern in die Lederstiefel. Es ist der barbarische Kampf der Elemente der mich kurz mitspielen lässt und mich mit innerem Glückskeksregen erfüllt. Wir ziehen unsere Kurven Richtung Adelaide und erreichen grünen Boden. Hiesige Schwärme von Grillen überqueren die Straße. Bei der derzeitigen Geschwindigkeit entpuppt sich der Aufprall als eine Maschinengewehrsalve die als gelbes Blut auf Helm, Hose, Jacke, Hals und Bike hernieder prasselt. Ich drosselle die Stute, ducke mich hinter dem Visir nieder und gehe auf Grillenjagd.

Wir erreichen Meringe nach über 10 Stunden und ich entscheide mich zur Pause, um die Great Ocean Road am Folgetag hinabzureiten. Der hiesige Pub hat genau 3 Locals, einen 12 Jährigen hinter der Theke und eine geschlossene Küche. Essen wird überbewerted und ich ertränke den Hunger in 2 Pilzsuppen. Zurück am Zelt erwarten mich 5 Deutsche die mir den Abend mit Germanistik und Karton Wein versüßen, so geht auch diese Nacht zur Neige.

Vom Winde verschmäht
Tag 5 - 656 km

Bei leichtem Kopfschmerz halte ich an Tankestelle Nummer eins an und bestelle Eier und Schinken auf Toast, um so langsam in die Gänge zu kommen. Der Wind ist so stark dass ich den Gashahn auf Halbstufe stellen muss, um nicht vom Weg gepustet zu werden. Wir erreichen Alan's Farm in Joanna, die Farm auf der Susi's Vorgängerin in Einzeilteile zerlegt und in einen Toyoto verpackt wurde. Da ich es das ganze Jahr nicht geschafft habe eine Postkarte zu schreiben, beschließe ich meine damaligen Retter persönlich zu besuchen. Leider ist hier niemand zu Hause und so schreibe ich am Ende doch nur eine Karte, schieße ein Bild und trotte Richtung Apollo Bay, um den Silversterabend irgendwie hinter mich zu bringen.

Das Zelt is aufgebaut, Mann stinkt noch doch versucht auf die Schnelle noch jedem die Hand zu schütteln, um am heutigen Abend nicht allein betrunken zu sein. Duschen, Essen und dann ist es auch schon 22.00 Uhr. Der Backpackerschuppen rückt Richtung "Stadt" ein und ich fühle mich nicht gerade in Feierstimmung, da ich genau niemanden hier wirklich kenne. Soziale Connection ist erstaunlicherweise sehr wichtig an diesem Abend. Doch die Jungs sind alle ganz nett, es gibt ein "Happy New Year", Bier und Wein am Strand und ich wache mit Kopfschmerzen in meinem Zelt auf. Na das haben wir doch ganz gut hingekriegt - denke ich - und mache mich an mein Frühstück, dass irgendein Betrunkener 20 jähriger Work and Travel Schuft mir weggefuttert haben muss. Banausen diese Backpacker !!! Am späteren Nachmittag werde ich aufgeklärt, dass ich selber dieser Halunke war, dann war der Abend wohl doch noch besser als schon gedacht....

So verbringe ich Tag 6 im Zelt mit meinem kleinen Schmusekater.

Mutter macht mir Beine
Tag 7 - 1079 km

Angefrustet wegen des verlorenen freien Tages entschließe ich mich zurück nach Sydney zu fahren, um bei Frau und Kind zu sein. Ein mächtiges Unterfangen denken wir. Aber machbar. Ich starte den Bock um 7.00 Uhr und verlasse das Schafsfell um 21.00 Uhr.

Eine Motivationsschlacht zwischen Kälte, Regen und hyperaktiven Synapsen. 3 Liter Energy Drinks namens "Mother" verhelfen mir, jeglichen Sekundenschlaf zu vermeiden und selbst nach 14 Stunden noch immer nicht ins Bett zu wollen. Aber egal ich bin Heim es ist warm und trocken und es gibt Thai im Bett.... Opa sagt immer "Es gibt doch nichts Schöneres, als die Beine unter dem eigenen Tisch in den eigenen 4 Wänden auszustrecken." Heute ist einer der wenige Tage wo ich ihn verstehe.

Frohes Neues !







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