Montag, 4. Juli 2011

Wach geküsst

Der "Start"


Der Start, fällt erstmal aus. "Machen Sie sich keine Sorgen, ich hab alles im Griff !" Der 23 jährige Pilot holt den Schraubenzieher aus der Werkzeugkiste, öffnet die Motorhaube und fängt an zu werkeln. Der 2te Versuch den Motor zu starten, schlägt wiederum fehl. Ich vererbe mein Motorrad an einige Freunde und schreibe letzte Grüße via SMS an mein Addressbuch. "Werte Gäste wir werden sie in ein anderes Flugzeug verschiffen. Bitte warten sie einen Moment." Wir sind zu zehnt in der kleinen Chesna und sind alle recht gut gelaunt. Ich verkneife mir jegliche Absturzkommentare, da auch Familien an Bord sind, die vielleicht weniger sarkastisch funktionieren. "Ladies and Gentlemen... wir versuchen jetzt doch diesen Flieger flott zu machen, da wir keine Ersatzmaschine haben, müssen sie jedoch bitten für diesen Zeitraum den Flieger zu verlassen."
Ist das Ersatzflugzeug auch kaputt ? Letztendlich hebt der Flieger mit uns 10 Touristen im Schlepptau ab und wir erleben einen wilden Flug durch Regen und Sturm, erspähen aber hier und dort etwas von dem Great Barrier Reef und landen sicher auf Lizard Island. Möge der Luxustrip beginnen.

Hierarchie


Die Crew ist organisiert, witzig und vor allen Dingen nicht vorlaut. Ich bin abgesehen von den Kindern mit einer der der Jüngsten an Bord der "Spirit of Freedom". Das passiert, wenn mal mal etwas tiefer in die Taschen greift und sich mal etwas leistet. Genial finde ich, dass die Jungs und Mädels alle auf einer Ebene operieren. So sieht man den Kapitän auch mal in der Küche Geschirr abtrockenen und den Trip Instructor Wein nachschenken. Die haben echt die Füße standfest auf dem Bootsboden. Verdammt Gute Atmosphäre !

Raue See


Der Trip versprach eine weite Reise raus zum Osprey Riff, wo Haie gefüttert werden und 1000 Meter tiefe Wände einem die Stickstoffnarkose schmackhaft machen. Alsbald wir in den Ozean stechen, wird mir aber schnell klar, dass 4 Meter hohe Wellen - hier am Ribbon Riff - 7 Meter hohe Wellen 150 Meilen östlich vom Festland garantieren. Das Osprey Riff fällt ins Wasser. Etwas entäuscht springe ich mit Simon früh um 7 ins Cod Hole. Die Wellen peitschen, die Strömung prescht Richtung offenes Meer und ich signalisiere nur einen Daumen nach unten, um abzutauchen und mich nicht an der Oberfläche zu übergeben.

Die Sicht ist so verdammt gut, dass einem die Bootsuche am Ende eines Tauchgangs erspart bleibt. Einfach nach oben schauen, den Bootsboden lokalisieren und fertig. Auf 30 Metern ist die Sicht noch so gut, dass ich die Muscheln des Opernhauses in Sydney glasklar erkennen kann. OK, das ist jetzt vielleicht etwas übertrieben, aber ich muss ganz ehrlich sagen, so etwas hab ich noch nie erlebt.

Wir begutachten vor allen Dingen Riffhaie, die in allen Formen und Größen durch das flüssige element stolzieren. Sie sind wunderschön anzusehen und beeindrucken den Adrenalinspiegel mit Höhe.

Die Cods - eines der australischen Slang Wörter für "Potato Grouper" - sind gigantisch. 1 - 2 Meter lang in einem Kuhkostüm gekleidet beäugen sie den gemeinen Taucher. Ich nehme meine Brille ab, entferne den Luftschlauch aus den Kiemen und simuliere einen Kuss für's Grouper Foto. Da ich nichts sehe und die Grouperdame wohl Dornröschen heißt, bekomme ich einen schleimigen Flossenschlag serviert, der mich prusten lässt. Igittipfui... Danach war ich auf jeden Fall wach.

Der Aufstieg zum Boot wird zur Kraftprobe. Mein erster Wasserausstieg wird nahezu zum Dilemma. Das Boot schaukelt, die Einstiegsleiter schwingt 3 Meter auf und ab, die Strömung reißt den Bierbauch in Richtung Nirvana. Verdammt ! FFFFF*********K !!!! Drauf und dran mein Tauchzeug aus dem Wasser heraus abzugeben, bekomme ich ein "Kannst Du es nicht nochmal versuchen ?" zugeworfen. .. pff Ok wenn Du das so siehst, na klar, kein Problem. Ich keuche wie ein Wallach auf Fuchsjagd, reiße meinen Office Körper am Geländer empor und schaffe es irgendwie aufs Deck. Guten Morgen Muskelpartien, sind sie auch schon alle wach ?

Beim 2ten Tauchgang, wird das Boot zum Schädelhammer und stösst permanent auf Deutschen Dickschädel. Die Taucher drängen an der Leiter und ich kriege etwas Panik. Das ist mir alles zu eng und zu wellig. Ich tauche ab auf 6 Meter und warte bis auch der letzte Taucher wieder an Bord ist, dann schwinge ich mich elegant wie zuvor aufs Deck. Wieder was dazugelernt.

Die Quisiene

6 Uhr Frühstück. 7 Uhr Tauchen. Nach dem ersten Tauchgang kommt der hungrige Haijäger an Bord und die Nase leitet delikate Windböen ans Großhirn weiter. Gebratener Schinken, Rührei, Bohnen, Tomaten und Toast. Es ist orgasmisch. Nach dem 2ten Tauchgang erwartet das Mittagessen gegessen zu werden, nach dem dritten Tauchgang wartet Kuchen auf Magensaft. Nach dem vierten Tauchgang gibt es einen Keks. Einen verdammt guten Keks!

Der Nachtauchgang wird unter Tauchpartnern mit der Geste zum Bier trinken abgeschlossen und möge mir der Master Chef (Australische TV Serie "Meister Koch"?) Gott verzeihen, aber was die Kiemen zum Abendbrot geboten bekommen, sucht auf weiter TV Flur seines Gleichen. Spargelschoten auf Stampfkartoffeln mit einem zarten Hünchenhappen gefolgt von einem Glas gutem Rotwein und einem glamourösen Dessert. Noch ein zweites Gläßchen Wein und der schlaffe vom Stickstoff malträtierte Körper trudelt benommen in die Koje.

Der nackte Simon

Simon ist äußerlich eine abgespeckte Version von Vin Diesel. Ebenfalls Divemaster erkunden wir von Tag Nummer eins an die beeindruckende Unterwasserwelt. Die Kommunikation ist fehlerfrei. Runter ? - Hai ! - Tintenfisch ! - Rochen ! - Leopardenhai ! - Schlange ! - Schildkröte ! - Clownfisch ! - Bier ? - Hoch ? - OK ! Wir tauchen zusammen, wir essen zusammen, wir trinken zusammen, wir schlafen zusammen - in einem Raum. Dass das nun heißt, dass wir uns sehr gut kennen weiß ich nicht. Mir wird aber die Ehre zuteil, der Fotograf auf Simon's 100ersten Tauchgang zu werden. Nur im Handtuch springt er in die Fluten. Ich stürze Kopfüber hinterher und folge dem blanken Popo Richtung Sandlagune. Hier wird ein Schild in eleganter Pose vor meine Linse gehalten. Im Hintergrund ein nackter Australier... Das hab ich auch noch nicht gesehen. Das Schild zeigt "Dive 100". Ich drehe mich Richtung "bunte Fische" während Simon seine Shorts überstreift. "OK ?" fragt er.- "Schnaps ?" frag ich und ziehe eine Büchse Rum-Cola aus der Weste. Er prustet und schüttet den Bunderbergmix hinunter. Da wir nun quasi fertig sind, dallern wir nur noch so herum. Dumme Posen auf Tauchflaschen, eins zwei Höhlen... "Hoch ?" - "OK !"

Auf dem Weg zum Boot kriegt mein beduselter Tauchkompane dann plötzlich einen Zeigefinger-zeige Anfall... Ein Leopardenhai. Genial! Wir nähern uns vorsichtig und schießen ein paar Bilder zum Beweis. Der Bursche ist einfach nur perfekt. Er sieht brandneu aus und lässt uns auf wenige Zentimeter an sich heran. Ein perfekter 100ster Tauchgang möchte ich meinen.


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